Die Wanne ist toll

Fahrbericht aus Citroëns Retro-Buggy E-Méhari

Hipster und Surfer freuen sich, Citroën will den Méhari wieder aufleben lassen. Doch statt des lauten 22 kW / 30 PS Verbrennungs-Motörchens beschwingt nun ein lautloses 50 kW / 68 PS Elektroaggregat die Plastikwanne

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Citroën E-Méhari 20 Bilder
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Wolfgang Gomoll
Inhaltsverzeichnis

List, 9. Juni 2016 – Radfahrer bleiben stehen, Passanten recken die Hälse und manche fragen auch nach dem ungewöhnlichen Fahrzeug. Als das Wort „Méhari” fällt, lächelt ein älterer Herr und schmunzelt: „Ach, den kenne ich auch noch von früher.”

Früher, das ist fast 50 Jahre her. Ende der 1960er transportierte die Ur-Mehari die Surfer, die It-Girls und ihre männlichen Begleiter an die Traumstrände der Côte d'Azur. Der französische Superstar Brigitte Bardot genoss die Sauerstoffdusche genauso wie der unvergessene Komiker Louis de Funes. Bis 1987 wurde das Gute-Laune-Mobil produziert, noch heute brausen die Plastikwannen zwischen Cannes und Monte Carlo herum. Die Fans schwören nach wie vor auf den Sandwühler, der angeblich aufgrund der zu leicht entflammbaren Karosserie nie in Deutschland verkauft wurde.

Jetzt will Citroën den Kult wieder aufleben lassen. Doch statt des lauten 22 kW / 30 PS Verbrennungs-Motörchens beschwingt nun ein lautloses 50 kW / 68 PS Elektro-Aggregat mit einem Drehmoment von 140 Nm das immerhin 1,4-Tonnen schwere Auto. Mit bis zu 110 km/h ist der neue Méhari so schnell wie der alte.

Verarbeitungs-Nonchalance wie beim Vorbild

Unser Probefahrtexemplar aus der Vorserie zeigt noch einige Verarbeitungs-Nonchalance wie nicht entgratete Kunststoff-Griffmulden und auf den Sitzen fühlt es sich eher an wie auf einem Kutschbock. Damit knüpft die Neuinterpretation auch in Sachen Qualität und Ergonomie an sein Vorbild an. Vier Personen finden Platz und der Laderaum hat ein Volumen von bis zu 800 Litern.

Eine Klimaanlage gibt es nur gegen Aufpreis und Airbags sucht man vergebens. Das geht, da es sich beim E-Mehari um eine Kleinserie handelt. Pro Jahr sollen weniger als 1000 Autos verkauft werden, dann darf auf die lebensrettenden Luftsäcke verzichtet werden. Immerhin gibt es eine Freisprechanlage und auch der DIN-Schacht für ein Radio inklusive Anschlüsse ist vorhanden. Dass der E-Mehari dennoch mit der Zeit geht, merkt man an dem USB-Anschluss im unteren Teil der Hartplastik-Mittelkonsole.

Der Elektro-Buggy ist in erster Linie für die Stadt und nicht für die Autobahn gemacht. Dafür spricht auch die Reichweite von 200 Kilometern innerorts und 100 Kilometern außerorts. Das ist nicht unrealistisch. Bei ersten Testfahrten, die sowohl über Landstraßen als auch durch Ortschaften führten, hatte die Lithium-Metall-Polymer-Batterie nach einer Strecke von 34 Kilometern noch eine Kapazität von 70 Prozent. Der E-Mehari macht wie sein Vorgänger dank der E-Power und der Wendigkeit Spaß und ist robust. Das Fahrwerk ist genauso puristisch wie die Innenausstattung, bei der man sich mit unverkleideten Flächen und Hartplastik-Orgien arrangieren sollte.

Dafür ist der Franzose hart im Nehmen. Die Sitzbezüge aus Neopren verzeihen auch nasse Bade-Klamotten. Solange die Sonne auf das Sommer-Auto scheint, ist ohnehin alles paletti, aber es zieht schon kräftig, da keine Seitenfenster, kein Heckfenster und natürlich kein Dach die Passagiere schützen. Sollte es mal regnen, lassen sich mit ein bisschen Übung die Öffnungen des E-Mehari innerhalb von 15 Minuten mit Planen bedecken.

Fernüberwachung inklusive

Innerhalb von allzu langen 13 Stunden ist der Strandwagen an einer herkömmlichen Steckdose wieder einsatzbereit. Für Strand-Hotels und Insel-Autovermietungen geht so etwas in Ordnung, für Privatleute mit einem ausreichend großen Fuhrpark eventuell auch. Zum Preis von 27.000 Euro kommt eine monatliche Rate von 87 Euro für die Batterie. Zieht man die E-Mobil-Förderung ab, bleiben immer noch 23.000 Euro. Bolloré, der Eigentümer des Lithium-Metall-Polymer-Akkus, gewährt acht Jahre Garantie, allerdings nur gegen Preisgabe eines Teils der Privatsphäre. Die Firma überwacht den Energiespender. Droht ein Defekt, soll der Eigentümer des Autos rechtzeitig gewarnt werden.