Fiat Freemont im Fahrbericht

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Gavi (Italien), 21. Juni 2011 – Gavi (Italien), 21. Juni 2011 – Der Name Freemont passt irgendwie. Freemont ist zwar ein amerikanischer Ortsname, der eigentlich nicht so recht zu einem italienischen Auto passt. Aber in Wirklichkeit ist der Fiat Freemont ja auch ein Amerikaner – wir finden es sympathisch, dass Fiat die italienisch-amerikanische Liaison mit Chrysler nicht unter den Tisch kehrt und in der Typenbezeichnung dazu steht, ob mit Absicht oder nicht.

Ein guter Bekannter

Auf diese Weise hat Fiat außerdem wieder einen großen Van im Programm. Fiat konnte seit 2010 diesen Markt nicht mehr bedienen, seit der Ulysse vom Markt genommen wurde. Ein bisschen ersetzt der Freemont zudem die Kombiversion des Croma, die ebenfalls nicht mehr angeboten wird. Der Freemont ist im Übrigen der erste Fiat, der aus der Beteiligung der Italiener an Chrysler resultiert. Seit Anfang Juni 2011 hält Fiat die Mehrheit am US-Autobauer. Bereits auf den ersten Blick ist der Freemont als alter Bekannter auszumachen, denn vor uns steht ein leicht retuschierter Dodge Journey. Fiat spricht zwar von "eigenständigem Design", doch die Änderungen beschränken sich auf einen neuen Kühlergrill und LED-Rückleuchten. Allerdings ist das durchaus gut so, denn die restliche Linienführung verlieh schon dem Journey eine eigenständige Note. Anders als etwa ein VW Sharan wirkt der Freemont nicht so sehr wie ein Kindergarten-Express, obwohl sich die Abmessungen beider Konkurrenten ähneln. Mit 4,89 Meter ist der Fiat um vier Zentimeter länger als der VW, während er mit einer Höhe von 1,69 Meter knapp unter dem Niveau des Deutschen bleibt.

Platz für sieben

Über Design lässt sich natürlich immer streiten, deshalb nehmen wir zunächst das Innenleben des Italo-Amis unter die Lupe. Der Freemont wird ausschließlich als Siebensitzer angeboten. Allerdings taugt die dritte Reihe mangels Fußraum und Kopffreiheit nur für Kinder, zumal die Radkästen störend hineinragen. Besser ist es daher, die Sitze zu versenken, was per Zug an einer Schlaufe mühelos gelingt. So schaffen wir ein Kofferraumvolumen von 472 Liter. In der zweiten Reihe sitzen die Mitfahrer höher als in Reihe eins. Sie genießen eine großzügige Beinfreiheit, zudem lässt sich die Temperatur der serienmäßigen Klimaautomatik über Drehknöpfe im Dachhimmel regeln. Auf hintere Schiebetüren müssen Freemont-Besitzer verzichten, zwecks leichtem Zugang öffnen die Fondportale aber in einem Winkel von 90 Grad. Praktisch sind die aus der Sitzfläche ausklappbaren Sitzerhöhungen für Kinder. Die Bank selbst lässt sich in der Länge verschieben, jedoch erweist sich das Umklappen als etwas fummelig. Hierzu tragen auch die Bedienhebel aus billig wirkendem Plastik bei, an denen man sich kaum stärker zu ziehen traut. Maximal passen in den Freemont-Laderaum 1461 Liter Gepäck. Das ist durchaus ausreichend, doch Modelle wie der VW Sharan und der VW Passat Variant bieten deutlich mehr.

Im Cockpit erwartet uns die auffälligste Änderung beim Fiat Freemont. Das Armaturenbrett wurde komplett neu gestaltet, einzig der Schalthebel erinnert noch an Dodge-Zeiten. Funktional gibt es keine Schwächen, alle wichtigen Bedienelemente liegen in Griffnähe, darunter ein Radio mit Touchscreen. Das gesamte Ensemble wirkt deutlich hochwertiger als im US-Ahnen. Eine nette Idee ist der im Brillenfach integrierte konvexe Innenspiegel, mit dem man den Nachwuchs im Fond beobachten kann. Clever ist auch das Staufach, welches sich unter der Sitzfläche des Beifahrers befindet. Apropos Sitze: Sie gefallen mit langstreckentauglichem Komfort. Eine Einschränkung betrifft den Fußraum des Co-Piloten, hier ragt der Radkasten störend weit hinein.

Selbst gezündet

Da der Fiat Freemont für den europäischen Markt gedacht ist, stehen für ihn zunächst zwei Dieselmotoren zur Auswahl bereit. Beide Aggregate weisen den gleichen Hubraum von 1956 Kubikzentimeter auf und holen daraus 140 respektive 170 PS. Interessant: Das maximale Drehmoment beträgt stets 350 Newtonmeter. Die Kraft wird über ein Sechsgang-Schaltgetriebe auf die Vorderräder übertragen, Ende 2011 ergänzt eine Version mit Allrad und Sechsgang-Automatik das Programm.

Weniger ist mehr

Im direkten Vergleich beider Selbstzünder entpuppt sich das schwächere Aggregat als die bessere Wahl. Der 140 PS starke Diesel zieht den gut 1,9 Tonnen schweren Freemont elastisch im sechsten Gang von Tempo 60 auf Autobahntempo. Nicht ganz befriedigend ist die Geräuschkulisse: Beim Kaltstart vernehmen Außenstehende ein deutliches Nageln, während sich ab etwa 120 km/h eine Brummfrequenz mit den Windgeräuschen vermischt. Sie fällt aber beim kleinen Diesel wesentlich dezenter als beim großen Aggregat aus. Letzteres wirkt zudem unelastischer, insbesondere bei Überholvorgängen macht sich das bemerkbar. Positive Reaktionen erntet die exakte Schaltung, jedoch ist das Kupplungspedal recht schwergängig zu betätigen. Bei der Verwandlung des Journey zum Freemont hat sich Fiat das Fahrwerk vorgenommen und auf den europäischen Geschmack zugeschnitten. In der Tat ist die Lenkung präziser geworden, während die Federung straffer ist. Grobe Unebenheiten werden aber deutlich vernehmbar nach innen weitergereicht, hier haben es die Italiener mit der Straffheit übertrieben.

Preisgünstig

Der Dodge Journey punktete während seines kurzen Europa-Aufenthalts mit einem günstigen Preis. Auch der Fiat Freemont schlägt in die gleiche Kerbe: Laut Hersteller werden sich rund 90 Prozent der Kunden ab dem 10. September 2011 für die höherwertige "Urban"-Ausstattung entscheiden. Sie kostet für den 140-PS-Diesel 27.290 Euro und lässt kaum Wünsche offen, sofern man auf moderne Assistenzsysteme verzichten kann. Auch ein Start-Stopp-System ist nicht für Geld und gute Worte zu haben. Stattdessen gibt es Komfort satt: Inklusive sind unter anderem eine Drei-Zonen-Klimaautomatik, ein elektrisch verstellbarer Fahrersitz, ein Tempomat, eine umklappbare Beifahrerlehne und Parksensoren hinten. Ein Navigationsgerät ist im Moment nicht verfügbar. Einige Teile des Gerätes kommen von einem Zulieferer aus Japan, der derzeit – wie viele andere auch – Lieferschwierigkeiten hat. Das Navi soll laut Fiat ab Ende des Jahres verfügbar sein, erst dann gibt es den Preis. Unter den Extras ist die Sitzheizung vorne für 300 Euro empfehlenswert; wer mit Kindern reist, sollte die Videobildschirme für die zweite Reihe zum Preis von 890 Euro ordern. Den Status als Schnäppchen-Van muss der Freemont allerdings an den Chevrolet Orlando abgeben. Ihn gibt es mit 163-PS-Diesel und sehr guter Ausstattung schon für 24.790 Euro. Im Vergleich zum beliebten VW Sharan sparen Freemont-Kunden aber eine Stange Geld: Für den Sharan 2.0 TDI Trendline mit 140 PS werden satte 31.350 Euro fällig. Fiat möchte zukünftig 5000 Freemont pro Jahr in Deutschland verkaufen.