Astronomie: Wachsende Sorgen um Unberührtheit der Rückseite des Mondes

Auf der erdabgewandten Seite des Mondes herrschen ideale Bedingungen für astronomische Beobachtungen. Damit könnte es vorbei sein, bevor die aufgenommen werden.

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Ohne Störungen durch die Erde könnte auf dem Mond besonders gut geforscht werden.

(Bild: NASA)

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Noch bevor überhaupt Observatorien auf der erdabgewandten Seite des Mondes installiert werden, gibt es Befürchtungen, dass es mit der Ungestörtheit dort bald vorbei sein könnte. Das berichtet das US-Forschungsmagazin Nature unter Berufung auf eine Konferenz der britischen Royal Society. Dort haben demnach Astronomen und Astronominnen davor gewarnt, dass es mit den geradezu idealen Bedingungen für die Forschung auf dem Mond ziemlich schnell zu Ende gehen könnte. In den nächsten zehn Jahren sind demnach weit über 200 Missionen zum Mond geplant, die ohne ausreichende Abschirmung die Ergebnisse verfälschen können.

Die Rückseite des Mondes ist vor allem für die Radioastronomie der womöglich unberührteste Standort im ganzen Sonnensystem, erklärt der niederländische Astronom Marc Klein Wolt dem Forschungsmagazin. Allein dass jetzt die Frage gestellt werde, ob es dort so ruhig bleiben wird, müsste alle nervös machen, ergänzt Joseph Lazio vom Jet Propulsion Laboratory der NASA dem Bericht zufolge auf der Konferenz. Immerhin ist das Universum zwar in vielen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums kartografiert und erforscht, aber beispielsweise kosmische Radiowellen unter 100 Megahertz seien von der Erde aus besonders schwierig zu erforschen. Hier könnte man auf einen unberührten Mond angewiesen sein, um die Anfänge des Kosmos nach dem Urknall zu erforschen.

Aber während sich in anderen Bereichen ein regelrechter Wettlauf zum Mond entwickelt, gibt es bislang keine konkreten Pläne für Observatorien auf dem Mond. Dabei ist der mit den langen und kalten Nächten und dem Fehlen quasi jeglicher Atmosphäre ideal. Geplant ist derzeit lediglich die NASA-Mission LuSEE (Lunar Surface Electromagnetics Experiment), die sich als Erste direkt die Vorteile der Abgeschiedenheit der Mondrückseite zunutze machen soll. Deren Vorbereitungen zeigen bereits, wie schwierig die Arbeit selbst unter aktuellen Bedingungen ist: Laut Nature muss die Sonde während der Messungen fast komplett ausgeschaltet werden, um Interferenzen zu verhindern. Die verbleibenden Emissionen sollen auf ganz bestimmte und vorab bekannte Spektren begrenzt werden.

Diese Begrenzung klinge zwar kompliziert, sei aber "relativ simpel", meint der Astrophysiker Stuart Bale von der University Kalifornien. Jede Mission zum Mond könnte derart vorbereitet und damit die Gefahr für künftige wissenschaftliche Missionen stark verringert werden. Mondsonden könnten etwa genauso getestet werden wie elektronische Geräte, die in Schutzzonen um Radioteleskope auf der Erde gebracht werden, meint Melanie Johnston-Hollitt. Diese werden dabei auf unerwünschte Emissionen überprüft. Während es also durchaus Vorschläge gibt, läuft der Forschung wohl die Zeit davon. Denn während die Ausarbeitung internationaler Verträge zum Schutz der Mondrückseite Jahre brauchen würde, ist der Wettlauf zum Mond in vollem Gange.

(mho)