Mikrocontroller-Boards: Fusion-Entwicklungsboard von MikroE ausprobiert

Wenn es um Developer-Kits außerhalb der Arduino-Liga geht, spielt die Belgrader Firma MikroE ganz oben mit. Wir haben uns das Fusion-Board genauer angesehen.

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Von
  • Carsten Meyer

Die fleißige Belgrader Firma MikroElektronika dürfte, was das Angebot an Compilern, Entwicklungsboards und Add-Ons angeht, kaum zu toppen sein: Inzwischen ist man bei 1200 verschiedenen Click-Board-Erweiterungsplatinchen angelangt, und jedes ist auch mit der neuesten Generation der Fusion-Developer-Kits kompatibel. Die gibt es für verschiedene Mikrocontroller-Familien wie AVR, PIC (auch dsPIC- und PIC32) sowie ARM, letztere in verschiedenen Versionen je nach Prozessor-Hersteller. Die Variante für STM32-MCUs haben wir uns einmal genauer angesehen.

Das Paket (im Wortsinn) überraschte uns schon beim Öffnen: Würde Apple auch Entwicklungsboards verkaufen, wären sie wahrscheinlich so liebevoll und stylisch verpackt wie das von MikroE – sie würden aber wohl kaum für knapp 300 Euro den Besitzer wechseln. Die Basisplatine ist etwas größer als ein DIN-A4-Blatt und satte 3 Millimeter dick, mit einem Plastikrand geschützt und mit ausklappbaren Aufstellern versehen.

Die empfindlichen Baugruppen für die Stromversorgung und das Debug-/Programmier-Interface sind mit Plastikkappen geschützt. Versorgt wird die Platine über ein handelsübliches 12V-Steckernetzteil mit 5,5/2,1mm-Koaxialstecker (das allerdings nicht beilag), über die eingebaute USB-C-Buchse für den Debugger/Programmier-Anschluss oder über eine (optionale) LiIon-Zelle, die das Board auch selbst laden kann.

Viel Platz: Das Fusion-v8-Board von Mikroelektronika bietet vielfältige Bestückungsmöglichkeiten mit Click Boards und Displays. Das Prozessor-Modul ist austauschbar.

Das Debug-/Programmier-Interface kann nicht nur über USB, sondern auch drahtlos (und damit potentialgetrennt) über WLAN mit dem Entwicklungsrechner kommunizieren; die WLAN-Einstellungen nimmt man einmalig über die CodeGrip genannte Programmiersoftware vor. Für die Click Boards sind fünf Slots vorhanden; sie belegen einige SPI- und I2C-Leitungen des Prozessors. Alle Portleitungen, auch der größeren Chips, sind auf Steckleisten geführt, wobei benachbarte LEDs (insgesamt 160 Stück!) den Port-Zustand anzeigen können, wenn man sie über die DIP-Schaltergruppen freigibt. Vier der Ports sind zusätzlich mit Tastern belegt, die über weitere DIP-Schalter als Pull-up- oder Pull-down-Schalter konfiguriert werden können.

Der Mikrocontroller selbst sitzt auf einer auswechselbaren Tochterplatine; mitgeliefert wird ein STM32407ZGT6 mit 144 Pins, 1 MByte Flash und 192 KByte RAM, der mit 168 MHz getaktet wird. MikroE liefert eine respektable Auswahl an zusätzlichen STM32-Prozessorplatinen mit M0-, M3-, M4- und M7-Kernen, angefangen vom kleinen STM32F042K6 bis hin zum üppig ausgestatteten STM32F767BI, hierfür verlangt man zwischen 25 und 80 Euro. Im Unterschied zu den bisherigen v7-Boards sind sie mit hochpoligen Mezzanine-Steckverbindern ausgestattet. Die freien Flächen des Fusion-Boards können mit einem TFT-Display (hierbei stehen Größen von 3,5" bis 7" mit resistivem oder kapazitivem Touchscreen zur Verfügung) oder einem 2×16-Zeichen-LCD (die übliche Standardausführung mit 44780-Controller) belegt werden. Die größeren MCUs dürfen auch die Board-eigene Ethernet-Buchse und einen separaten USB-Anschluss bedienen.

Die Fusion-Entwicklungsplatine bedient bis zu 5 verschiedene Click Boards.

Besonders gelungen ist die Integration in die Compiler des Herstellers (Kostenpunkt: 250 bis 300 Euro); wer bisher im Trial&Error-Verfahren auf der Arduino-IDE programmiert hat, darf gründlich umdenken: Schrittweises Ausführen der zu erstellenden Firmware mit Ansicht beliebiger Variablen und Portzustände an Breakpoints ist ein Komfort, den ernsthafte Entwickler nicht mehr vermissen wollen. Natürlich wäre die Software-Entwicklung auch mit den (kostenlosen) Tools des Halbleiterherstellers möglich, man muss dann aber auf das äußerst bequeme Einbinden von fertigen Libraries für die Click Boards und viele Debug-Features verzichten.

Auch bei den Compilern gab es mit der Necto-Serie mikroC AI for ARM viele Neuerungen, die wir in einem späteren Beitrag näher beleuchten werden. Das Board arbeitet aber auch problemlos mit älteren MikroE-Compilerversionen (verfügbar in BASIC, C und Pascal). Deren Editor ist zwar etwas nervös und wackelig, wir konnten aber auch damit ein größeres Projekt (20.000 Zeilen) für das Board übersetzen und debuggen.

(cm)