Nicht wegen DSGVO: Threads wohl wegen Digital Markets Act nicht in EU verfügbar

Während Dutzende Millionen in aller Welt Threads ausprobieren, ist die EU offiziell ausgesperrt. Verantwortlich ist nicht die DSGVO, sondern offenbar der DMA.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 176 Kommentare lesen
Threads auf Smartphone

(Bild: BongkarnGraphic/Shutterstock.com/heise online)

Lesezeit: 3 Min.

Die Twitter-Alternative Threads ist in der Europäischen Union nicht wegen der DSGVO, sondern wegen der Vorgaben des Digital Markets Act (DMA) bislang nicht verfügbar. Darauf deuten verschiedene Aussagen von Vertretern des US-Konzerns Meta hin, der Threads entwickelt hat. Am deutlichsten wurde dabei jetzt Metas Chef für den Datenschutz, Rob Sherman. In der Nacht zum Dienstag hat er auf Threads versichert, dass der neue Kurzmitteilungsdienst die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfülle. Aber vor dem Hintergrund anderer regulatorischer Vorgaben, "die bislang nicht geklärt wurden", würde die Freigabe potenziell länger dauern. Angesichts dieser Ungewissheit habe sich Meta entschieden, ohne die EU loszulegen, um so viele Menschen wie möglich zu erreichen.

Threads ist seit vergangenen Donnerstag in den USA und insgesamt 100 Staaten verfügbar, in die Europäische Union wird sie aber "auf absehbare Zeit" nicht kommen. Weil sich Meta bislang nicht konkret zu den Gründen dafür geäußert hat, konnte lediglich spekuliert werden. Der Digital Markets Act wurde im vergangenen Jahr verabschiedet und soll im kommenden Jahr seine volle Gültigkeit entfalten. Darin werden die größten IT-Konzerne zu sogenannten digitalen Torwächtern erklärt, für die besondere Vorgaben gelten. Wenn sie mindestens eine digitale Plattform kontrollieren, dürfen sie eigene Produkte und Dienstleistungen nicht mehr bevorzugen. Im Fall von Threads könnte das für jenes Design gelten, das für das enorme Wachstum verantwortlich ist.

Derzeit kommt man nur über ein Instagram-Konto in Threads. Ein Account in dem neuen Kurznachrichtendienst ist so eng an die Foto-App angebunden, dass man einen Threads-Account nicht einmal löschen kann, ohne auch das Instagram-Konto aufzugeben. Die DMA untersagt es Konzernen wie Meta aber unter anderem, für einen Zweck eingesammelte personenbezogene Daten für einen anderen wiederzuverwenden. Die Verknüpfung von Instagram und Threads falle unter dieser Regelung, hatte der maltesische EU-Abgeordnete Alex Agius Saliba gegenüber Politico erklärt. Seine Abgeordnetenkollegin Christel Schaldemose aus Dänemark meinte, "die Tatsache, dass Threads für EU-Bürger immer noch nicht verfügbar ist, zeigt, dass die EU-Regeln funktionieren".

Während man sich in Brüssel zuversichtlich gibt, dass Threads bald auch in Europa verfügbar gemacht wird, wächst die neue App im Rest der Welt rasant und wird für Twitter zur ersten echten Bedrohung. Nach nicht einmal fünf Tagen hat der Kurzmitteilungsdienst bereits mehr als 100 Millionen Accounts erreicht und damit einen vor wenigen Monaten aufgestellten Rekord von ChatGPT pulverisiert. Dabei ist die Twitter-Alternative noch nicht einmal halb fertig, bislang fehlen etwa eine Beitragssuche oder eine chronologische Timeline. Angesichts des bisherigen Erfolgs gibt es bereits Schätzungen, dass Meta mit dem neuen Dienst Milliarden verdienen könnte.

(mho)