Hintergrund zu Verdun-Gedenkfeiern: So kam das Aussöhnungsfoto mit Mitterrand und Kohl zustande

Die Aufnahme ist eine Ikone deutsch-französischer Aussöhnung: Frankreichs Präsident Mitterrand und Bundeskanzler Kohl Hand in Hand über den Gräbern von Verdun. Wie kam es zu dem historischen Foto?

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Hintergrund zu Verdun-Gedenkfeiern: So kam das historische Aussöhnungsfoto mit Mitterrand und Kohl zustande

(Bild: dpa)

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  • dpa
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Beim Gedenken war der Verlierer nicht erwünscht: Zur 40-Jahr-Feier der Landung der Alliierten in der Normandie gab es 1984 keine Einladung für Bundeskanzler Helmut Kohl als Vertreter des besiegten Deutschlands. Während der Zeremonie am 22. September 1984 standen Kohl und Mitterrand dann aber doch etwa einen Meter voneinander entfernt vor dem Beinhaus von Douaumont bei Verdun, in dem die Überreste von etwa 130.000 nicht identifizierten französischen und deutschen Soldaten aufbewahrt werden. Mit dem Ende des Deutschlandlieds ist eine leichte Lippen- und Kopfbewegung bei Mitterrand zu erkennen, dann folgt in der einzigen historischen Filmaufnahme ein Zwischenschnitt. Als die beiden wieder zu sehen sind, stehen sie bereits Hand in Hand.

(Bild: dpa/Frédéric de la Mure)

Der Fotograf Frédéric de la Mure hat den historischen Moment als Foto festgehalten. Er ist seit 1982 als Fotograf des französischen Außenministeriums beschäftigt und hat über 140 Länder bereist. Bekannt geworden ist er aber mit dem Foto des Handschlags zwischen dem Präsidenten François Mitterrand und Bundeskanzler Helmut Kohl, in Verdun, am 22. September 1984.

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"Ich war natürlich überrascht von diesem Handschlag", berichtet er in einem Interview mit France Diplomatie vom 27. Januar 2015. Er habe das nicht gleich analysieren können. "Ich habe diesen Moment durch den Filter meines Fotoapparats erlebt." Ihm sei nicht bewusst gewesen, "dass ich ein historisches Foto machte".

Kohl erinnerte sich später: "Die Geste mit der Hand war nicht abgesprochen, sondern es ist in der Situation entstanden und ging von ihm aus." Mitterrand sah es ähnlich: "Das war eine spontane Geste. Ich glaube, ich habe Kanzler Kohl ein Zeichen gegeben, aber weil er sofort meine Hand nahm, denke ich, dass diese Idee uns im selben Moment durch den Kopf ging."

Und de la Mure war derjenige, der diese Szene festgehalten hat: "Die Feier wurde von einem einzigen Fernsehkamerateam gefilmt, und zum Zeitpunkt des Handschlags hat der Kameramann zu den anwesenden Soldaten hinübergeschwenkt", berichtet er im Interview mit France Diplomatie. "Es gibt also keine Videoaufnahme des Anfangs dieses Handschlags!", auch nicht von anderen Fotografen.

Die hatten sich nämlich "Plätze zwischen den Gräbern ausgesucht, um das Bild der beiden Staatschefs festhalten zu können, wie sie an den Gräbern entlangschritten", erzählt de la Mure. "Wenn ich die Wahl gehabt hätte, hätte ich ebenso entschieden. Das berühmte Handschlagfoto, ein Zufallsprodukt, wäre also fast gar nicht entstanden!"

Die Geste dauerte eine Marseillaise lang. Während der französischen Nationalhymne ließen beide Politiker nicht die Hand des anderen los. "Minutenlang verharrten Präsident und Kanzler barhäuptig Hand in Hand vor dem Mahnmal gegen die Sinnlosigkeit des Krieges", vermerkte ein interner Bericht des Kanzleramts. (keh)