Pazifik-Karibik-Kanal: Nicaragua widerruft Bauauftrag

Dem bisherigen Projektbetreiber HK Nicaragua Canal Development Investment entzieht Nicaragua die Lizenz. Der Staat nimmt das Projekt jetzt selbst in die Hand.

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Ein Teil des Gran Canal Interoceanico im Computer.

(Bild: asamblea.gob.ni)

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Aus dem ohnehin verzögerten Projekt, in Nicaragua eine Konkurrenz zum Panamakanal zu bauen, wird vorerst nichts. Die nicaraguanische Nationalversammlung hat eine Gesetzesänderung (PDF) beschlossen, durch die dem Unternehmen Hong Kong Nicaragua Canal Development Investment des chinesischen Geschäftsmanns Wang Jing die Verwaltung des Kanals und der Bauauftrag entzogen wird. Das Projekt ist aber noch nicht endgültig beendet, durch die Gesetzesänderung kommt es nun in staatliche Hand.

Geplanter Verlauf des Kanals.

(Bild: hkent.biz)

Die Pläne für das seinerzeit auf 40 Milliarden US-Dollar Kosten veranschlagte Projekt Gran Canal Interoceanico wurden einer breiteren Öffentlichkeit 2013 bekannt, 2012 hatte es die nicaraguanische Nationalversammlung beschlossen. Der Kanal sollte sich über 278 Kilometer an der Mündung des Brito am Pazifik bis an die Nähe des Flusses Punta Gorda an der Karibik erstrecken. Der Panamakanal ist 80 Kilometer lang.

Die Strecke, die den Nicaragua-See einschließen würde, sollten größere Schiffe als den Panamakanal passieren können. 30.000 Menschen hätten für den Bau enteignet und umgesiedelt werden müssen. Ende 2014 kündigte Nicaraguas Präsident Daniel Ortega den Baubeginn an, auf den ersten Spatenstich folgten massive Proteste aus der Bevölkerung. Bisher kamen die Arbeiten an dem Kanal nicht voran.

Die nicaraguanische Umweltaktivistin und Anwältin Mónica López Baltodano sieht in dem Beschluss der Nationalversammlung eine "Niederlage für die Diktatur", wie das Magazin Confidential berichtet. Der heutige Tag sein ein Feiertag, er wäre nicht möglich geworden, wenn sich dem Projekt nicht tausende Menschen entgegengestellt hätten. Allerdings bestehe die Gefahr, dass die Regierung das Projekt nun an andere, womöglich mafiöse Organisationen übergibt.

Wang hatte im Dezember 2014 versichert, das Projekt werde möglichst transparent und mit Rücksicht auf die Menschen vor Ort und die ökologischen Auswirkungen vorangetrieben. Er versprach, dass von dem Projekt alle betroffenen Interessengruppen profitieren würden. Der Kanal sei notwendig, da der Verkehr mit größeren Schiffen zunehmen werde. López Baltodano kommentierte nun, Wang habe sich als Betrüger herausgestellt, deshalb sei ihm die Lizenz entzogen worden.

Gegen den Gran Canal Interoceanico klagten Umweltorganisationen 2021 vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte, da die nicaraguanische Regierung nicht die Interessen der örtlichen indigenen Bevölkerung berücksichtigt habe. Das Projekt verletze ihre Eigentumsrechte, ihre politischen Rechte und das Recht auf eine unbeschädigte Umwelt, berichtet die Deutsche Welle.

(anw)