Hello SPS! Teil 3: Automatisierungspyramide – wo lebt eine SPS?

Seite 2: Was sind eigentlich Prozessleitsysteme?

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Neben den SCADA-Systemen gibt es noch eine weitere Option. Prozessleitsysteme (PLS) oder Distributed Control Systems (DCS) bestehen aus einer Menge verteilter Controller, die über I/O-Baugruppen direkt an die Anlagenkomponenten beziehungsweise Maschinen und Maschinenteile angeschlossen sind, etwa über Sensoren und Aktoren. Durch diese direkte Anbindung reduzieren sich die Reaktionszeiten im Netzwerk. Der Einsatz einer DCS rentiert sich oft bei sehr großen Anlagen mit kontinuierlichen (kritischen) Prozessen, bei denen der Kontrollraum lokal in der Anlage residiert, und die hohe Anforderungen bezüglich Zuverlässigkeit und (funktionaler) Sicherheit aufweisen.

Prozessleitsysteme sind überwiegend in der Verfahrens- und Prozessindustrie anzutreffen. Beispieldomänen sind: chemische Anlagen, AKWs, Wassermanagement oder Fahrzeugherstellung.

Jeder Controller durchläuft eine Schleife – die Control Loop – und beobachtet die verfahrenstechnischen Abläufe in der Anlage. Eine Kommunikation zwischen Controllern untereinander oder zwischen Controllern und übergeordneten Softwaresystemen basiert auf hochperformanten Verbindungen. Aus Gründen der Fehlertoleranz sind die entsprechenden Kabel an kritischen Stellen oft zweifach vorhanden. Zudem gilt: Fällt ein Controller aus, läuft immer noch der Rest des Systems weiter, was die Zuverlässigkeit zusätzlich steigert. SCADA-Systeme sind im Gegensatz dazu meistens zentral ausgelegt. Fällt das entsprechende System aus, ist häufig die gesamte Anlage nicht mehr betriebsbereit.

Die Prozessoren der I/O-Baugruppen bei einem Prozessleitsystem lesen Information über die Eingänge ein, verarbeiten die Information und entscheiden über diejenigen Kontrollsignale, die sie über ihre Ausgänge nach außen übermitteln, wobei analoge oder digitale Signale vorliegen können. Über sogenannte Setpoint-Controls (Setpoint = Sollwert) kontrollieren die Prozessleitsysteme den Materialfluss in der Anlage. Ein Beispiel hierfür ist ein PID-Controller, der den Durchfluss misst und diesen über ein Kontrollventil regelt. Der Sollwert definiert also den gewünschten Durchfluss und lässt sich von zentralen Computersystemen an den betreffenden Controller übermitteln, der dann für die Einhaltung dieses Durchflusses sorgt. PID steht für Proportional–Integral–Derivative. In PID-Steuerungen untersucht die Software, wie weit sich der gewünschte Wert (Setpoint = Sollwert) vom tatsächlich gemessenen Wert unterscheidet. In einer Kontrollschleife setzt der betreffende Controller so lange Gegenmaßnahmen ein, bis der gemessene Wert nach einer Einschwingphase mit dem Sollwert übereinstimmt.

Zu den Kernkomponenten einer DCS gehören auch grafische Terminals mit verschiedenen Überwachungskomponenten sowie eine Visualisierung der gesamten Anlage. Es integriert zudem Datenbanken, um Informationen zu analysieren und zu speichern. Moderne Prozessleitsysteme unterstützen in der Regel innovative Technologien wie künstliche neuronale Netze oder Fuzzy Logic.

SCADA-Systeme und PLSen haben heutzutage also ähnliche Funktionalität, unterscheiden sich aber in den Anwendungsdomänen.

Auch für ein PLS lässt sich eine Automatisierungspyramide erstellen:

  • Level 0 (Field Level): besteht aus Feldgeräten wie Sensoren, Kontrollventilen …
  • Level 1 (Direct Control): beinhaltet I/O-Baugruppen sowie Controller beziehungsweise Prozessoren.
  • Level 2 (Plant Supervisory): Überwachungscomputer, der die Controller überwacht, aber auch Bedienfenster zur Verfügung stellt.
  • Level 3 (Production Control): überwacht die Produktion und die Zielkomponenten.
  • Level 4 (Production Scheduling): dient der zeitlichen Organisation der Produktion.

Beispiele:

  • Tango (freie DCS-Software, Open Source)
  • Siemens PCS 7 (kommerzielles Produkt)